Samstag, 3. März 2012

Wer gibt, wird geliebt

Dieser Tage konnte man lesen, dass die Deutschen zehn Billionen Euro Vermögen angehäuft haben. Diese Summe entspricht in etwa der Summe der Staatsschulden aller 27 EU-Mitglieder. Laut dem Bundesverband deutscher Banken handelt es sich bei diesem Betrag um den Wert des gesamten Immobilien- und Geldvermögens der privaten Haushalte in Deutschland. Noch hinzugerechnet werden müssen Sachwerte wie Autos, Möbel, Schmuck und Kunstsammlungen. Selbst wenn man die 1,5 Billionen Kreditschulden der Deutschen abzieht, bleiben noch ca. 8,5 Billionen Euro Nettovermögen übrig. Setzt man diesen Betrag ins Verhältnis zur deutschen Staatsverschuldung von ca. 2,1 Billionen Euro, bleibt festzuhalten, dass das Vermögen die Staatsverschuldung um mehr als das Vierfache übersteigt.

Die Geldanlage der Deutschen gestaltet sich überwiegend konservativ. Von den 4,7 Billionen Euro Geldvermögen sind zwei Drittel in Bargeld, Spar- und Festgeldkonten sowie Ansprüchen gegenüber Versicherungen angelegt. Nur fünf Prozent des Geldvermögens sind in Aktien investiert. Dabei hat sich das Geldvermögen in den vergangenen 20 Jahren fast verdreifacht – und das, wie bereits ausgeführt, bei einer sehr konservativen Geldanlagepolitik. Mit anderen Worten: Die Deutschen sparen und zeigen damit, dass ein Großteil der Bevölkerung besser mit seinem Geld umgeht, als es unsere Regierung vorlebt. Von den meisten EU-Staaten soll hier erst gar nicht die Rede sein.

Doch für wen sparen wir eigentlich? Natürlich für die anderen europäischen Staaten, zumindest sehen das sehr viele EU-Partner so. Wie sonst wäre zu erklären, dass wir sparen und uns dafür noch der Kritik derer aussetzen müssen, die nach unserem Geld trachten. Vielleicht sollte man den einen oder anderen Griechen einmal fragen, ob er sein Erspartes auflösen würde, um seinem finanziell angeschlagenen griechischen Nachbarn zu helfen, ohne zu wissen, ob er das Geld je wieder bekommt. Doch wir Deutschen sind ja die Lieben und wollen geliebt werden. Und so verlangt Brüssel von uns, den Geldbeutel weiter zu öffnen und zu helfen. Getreu dem Motto ‚Ihr könnt sparen, und wir können leben’. Wir haben das Meer, und Ihr habt schlechtes Wetter, Eure Arbeit und Euer Sparbuch. Vielleicht sollte der eine oder andere Grieche, der dieser Tage auf die Straße geht und die Deutschen auch noch anprangert, erst einmal anfangen, über das Sparen nachzudenken. Das scheint allerdings schwerer zu fallen, als den Deutschen die Liebe zu entziehen. Bitte denken Sie aber daran: Käufliche Liebe ist keine Liebe – sondern eine Illusion. Schönes Wochenende.

Dieser Artikel erschien als monatliche Kolumne von Hubert Weinlich im Newsletter der Börsen Hamburg/Hannover.
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